Jung Vater werden
Ich bin F. 42 Jahre alt, bin inzwischen geschieden und habe 3 Kinder. Meine älteste Tochter ist 17, mein mittlerer Sohn ist 15, und mein jüngster ist 11.
Meine damalige Partnerin wurde ungeplant schwanger, nachdem wir 3 Jahre zusammen waren. Ich war gerade 25 Jahre alt. Im Nachhinein muss ich sagen, dass ich überhaupt nicht darauf vorbereitetet war Vater zu werden.
Meiner damaligen Partnerin ging es genauso; wenn nicht sogar noch schlimmer. Es fehlten sowohl Menschen die uns gut begleitet und unterstützt haben, als auch ein unmittelbares Vorbild wie es so ist eine Familie zu werden. Der Freundeskreis war allein aufgrund des Alters noch sehr anders geprägt, auf Party aus und mit dem Studium beschäftigt, dass ließ sich nur schwer unter einen Hut bringen. Die neuen Babybekanntschaften waren alle ca. 10 Jahre älter, was auch nicht so richtig passte.
Ich erlebte einerseits von unserem Umfeld und der Gesellschaft im allgemeinen ein gewisses Maß an Skepsis über unsere frühe Familiengründung, andererseits finde ich den Zeitpunkt im Rückblick genau richtig. Wir waren flexibel, und voll in unseren Kräften. Ich würde sagen man ist noch nicht so festgefahren in konkreten Lebenssituationen und steckt auch den Schlafmangel deutlich besser weg als jetzt. Die materiellen Sorgen, konnte und kann ich nicht wirklich nachvollziehen, einerseits hatte ich einen festen Job, andererseits wäre es wohl auch so gegangen, denn eigentlich brauchen kleine Kinder ja sehr wenig.
Wir hatten auch einen Geburtsvorbereitungskurs besucht, indem wir aber inhaltlich nur zum Teil darauf vorbereitet wurden, was auf uns zukommt. Was meines Erachtens nach fehlte war die Zeit nach der Geburt und Wochenbett, die ganzen zwischenmenschlichen und lebenspraktischen Herausforderungen.
Meine Haltung war zu dem Zeitpunkt, dass ich lediglich meinem Beruf nachgehe und alles was sonst so kommt, sich ergeben wird. Stimmte nur zum Teil. Im Nachhinein hätte ich mir gewünscht, dass sich jemand unsere Alltagssituation konkreter anschaut und wir wirklich praktische Hinweise bekommen hätten, damit wir uns besser drauf vorbereiten können. z.B. Helfernetzwerk, Organisation des Alltags…. all das fehlte mir rückblickend einfach. Ist wohl nicht wirklich Aufgabe eines Kurses, eher ein Mentor oder Pate hätte mir da gut geholfen.
Die Erste Geburt war im Geburtshaus, und auch wenn sie sehr lange gedauert hat, war es doch insgesamt ein gutes Ambiente und sehr positiv. Es war zehrend für meine Partnerin, sie hat viel Blut verloren. Als wir dann die Treppe in unsere Wohnung im 3. Stock hoch gingen ist sie kurz bewusstlos geworden und mein Vater und ich haben sie dann schnell hochgetragen. Die Zeit danach war sehr belastend, die Kleine hat sehr viel geweint, es war viel Milch zum Stillen da, aber die Kleine konnte nicht richtig saugen. Weiterhin der Blutverlust … Meiner Frau ging es damals wirklich nicht gut. Die hilfe von der Hebamme war teilweise nicht so gut, wir standen sehr alleine da. Es hat einige Zeit gebraucht, um wieder auf die Beine zu kommen und uns zu sortieren.
Nach 1,5-2 Jahren hatte sich die Situation stabilisiert und wir konnten uns ein weiteres Kind gut vorstellen. Die Schwangerschaft kam sehr prompt. Wir waren in einem super guten Vertrauen, meine Partnerin ruhte in sich und brauchte auch nicht zum Arzt um die Schwangerschaft festzustellen. Sie spürte ihre Schwangerschaft und brauchte dafür keine Bestätigung. Das zweite Kind war eine Hausgeburt und wirklich ein magisches Erlebnis. Die Geburt in der Nacht dauerte nur 4 Stunden und die Große schlief einfach in ihrem Bett nebenan. Am Morgen lag der kleine Bruder bei uns Eltern mit im Bett. (er bekam von der großen Schwester erstmal eine gescheuert, danach sind sie aber sehr Harmonisch miteinander gewesen)
Ganz allgemein kann ich sagen, dass sich unser Umfeld in der Zwischenzeit gut sortiert hatte, wir hatten ein gutes Netzwerk und eine positive Einstellung zu unserer Beziehung und zur Zukunft. Wir haben dann beide Studiert und waren insgesamt recht glücklich.
Unser drittes Kind war wiederum nicht geplant, meine Partnerin war anfangs nicht begeistert davon, dass ihr Studium wieder verzögert wurde. Ich verstand sie damals nicht, war selber in einem Flow mit erfolgreichem Studium, einem freien und entspannten Studentenleben, sah da keine gravierende Änderung zu unserem bisherigen Familienleben. Wieder hatten wir eine Hausgeburt, die gut verlief und eigentlich genug Erfahrung um auch mit diesem Baby zurecht zu kommen. Allerdings waren wir von der Unkompliziertheit unseres Mittleren verwöhnt, der Kleine stellte uns mit seinen klaren Vorstelllungen schon früh vor so manche Herausforderung. Er musste sich, denke ich sehr an die Studiensituation und an den Familienalltag anpassen, womöglich nahmen wir zu wenig Rücksicht auf seine Individualität.
Die nächsten Jahre könnte man wohl als Rushhour des Lebens bezeichnen, wo wir beide berufstätig wurden, die Kinder in der Krippe und Kindergarten waren, wir uns noch ein altes Haus kauften und sanierten. Rückblickend war das wohl Zuviel, die Beziehung scheiterte an den vielen Aufgaben und für mich ganz wesentlich an divergierenden Wertvorstellungen und spirituellen Fragen. Die hohe Kunst die Partnerin so zu nehmen, wie sie ist und mich selber frei zu entfalten ist mir leider nicht gelungen.
Ich würde euch als junge Väter gerne folgendes mitgeben:
- Setzt euch wenn möglich frühzeitig damit auseinander ob ihr mit eurer Partnerin genug gemeinsame Ziele und Vorstellungen vom Leben habt. Stellt euch die Frage, ob ihr wirklich mit ihr Kinder in die Welt setzen wollt? Diskutiert miteinander ob ihr gemeinsame Wertvorstellungen und Ziele habt, die über die privaten Bedürfnisse hinausgehen?
- Lasst euch nicht zu sehr von biologischen Uhren oder euren Trieben leiten.
- Wenn ihr das erste Mal Vater werdet, nehmt euch so viel Zeit wie möglich und euch selber etwas zurück, denn das Wichtigste erschient mir, dass die Mutter richtig gut versorgt und unterstützt wird, damit sie sich wiederum ganz auf das Kind konzentrieren kann. Ihr müsst das nicht alles alleine machen, Eltern und Freunde sind da mindestens genauso wichtig. Es geht meiner Meinung nach nicht darum, der Mutter „die Last“ mit dem Kind abzunehmen, sondern ihr so viel Raum wie möglich bereitzustellen, damit sie sich gut in ihre Mutterrolle hineingeben kann. Ich finde nicht, dass Väter von Anfang an besonders viel Zeit mit dem Kind verbringen müssen und so früh wie möglich care-Aufgaben übernehmen sollten. Ich glaube die Beziehung zu euren Kindern darf langsam wachsen und grundlegend anders sein als die zu der Mutter. Aber sie ist genauso wichtig!
- Gestaltet und arbeitet an der Beziehung zu eurer Partnerin und zu den Kindern. Seid präsent und aktiv in der Gestaltung.
- Wenn das nicht möglich ist seid ehrlich zu euch selbst und trefft mutig auch kritische Entscheidungen, hinterfragt euch und übernehmt die Verantwortung für das was ihr sagt und tut, lasst euch nicht vorschreiben, wie ihr zu sein habt.
- Lasst euch nicht zu sehr von den materiellen Dingen wie Besitz und Karriere ablenken und vereinnahmen.
- Der Trend, dass die Eltern und insbesondere die Mutter so früh wie möglich mit der Karriere beginnen und eine Krippen-Betreuung in Anspruch nehmen, halte ich für problematisch. Arbeitet so wenig wie möglich, optimaler Weise beide Elternteile!